Karl Cordin - „Skiheld“ vom Bödele
Das Bödele brachte in der Zwischenkriegszeit einige lokale „SkiheldInnen“ hervor, die überregionale Aufmerksamkeit erreichten.
Karl Cordin - „Skiheld“ vom Bödele, HJ-Führer und Gebirgsjäger
Das Bödele brachte in der Zwischenkriegszeit einige lokale „SkiheldInnen“ hervor, die überregionale Aufmerksamkeit erreichten und deren Leistungen bis heute erinnert werden. Während ihre sportlichen Erfolge Eingang in das kollektive sportliche Gedächtnis Vorarlbergs fanden, wurde die NS-Beteiligung von Sportlerinnen und Sportlern nicht reflektiert. Exemplarisch soll hier die Biografie von Karl Cordin nachgezeichnet werden, der zu jenen Athleten zählt, die sich dem NS-System angedient haben. Cordin der für den SV Dornbirn startete, entwickelte sich in den 1930er-Jahren zu einem der Aushängeschilder des Vorarlberger Skisports, vor allem im Skisprung und Langlauf. Der gelernte Kraftfahrer und staatlich geprüfte Skilehrer wurde am 29. August 1912 in Dornbirn geboren. Er legte 1935 seine Skilehrer- und Bergführerprüfung ab und arbeitete bis zu diesem Zeitpunkt als Textilarbeiter, später dann als Bergführer im Kleinwalsertal. Seine sportliche wie politische Heimat fand der junge Cordin im lokalen Turn- und Skiverein. Die NS-Ideologie wurde, wie schon zuvor erwähnt, von den älteren Vorstandsmitgliedern vorgelebt.
Auf diese Weise kam Cordin in Berührung mit dem nationalsozialistischen Gedankengut. 1932 trat Cordin der SA bei und kam nach dem „Anschluss“ als HJ-Führer zum Einsatz nachdem er zuvor im Deutschen Reich bei HJ-Umschulungskursen teilgenommen hatte. Das Olympiajahr 1936 bescherte dem Vorarlberger erste nationale Erfolge im Skisprung und Langlauf. Bei den Österreichischen Meisterschaften in Mallnitz 1936 holte er mit der Langlaufstaffel des VVS die Bronzemedaille und belegte in der Einzelwertung des Spezialsprunglaufs den zweiten Platz. Bei den Olympischen Spielen im Februar 1936 in Garmisch-Partenkirchen sollte Cordin allerdings nicht starten. Laut einem Interview, das der Vorarlberger Autor Laurin Peter im April 1997 mit Cordin geführt hat, habe dieser den Dornbirner Heimwehrführer Toni Ulmer für seine Nicht-Teilnahme verantwortlich gemacht. Ulmer hätte bei der Österreichischen Turn- und Sportfront interveniert und eine Teilnahme Cordins verhindert. Tatsächlich war Cordin aufgrund der Amateur-Bestimmungen in Garmisch-Partenkirchen nicht startberechtigt.
Unmittelbar nach dem „Anschluss“ im März 1938 wurde Cordin zum Hauptstellenleiter für Leibeserziehung im HJ-Bann 573 Dornbirn ernannt. In dieser Funktion war Cordin im Jänner 1939 neben anderen Kameraden als einer der Kampfrichter mit der Durchführung der HJ-Skiwettkämpfe betraut. Cordin meldete sich in weiterer Folge freiwillig zur Gebirgsjäger-Kraftfahr-Ersatzabteilung 18 in Bregenz und erhielt Ende August 1939 seine Einberufung. Sechs Monate vor seinen ersten Kriegshandlungen siegte Cordin noch beim Friedrich-Wurnig-Springen auf der Berg-Isel-Schanze in Innsbruck beim Springen in der 2. Klasse.
Ab Juni 1940 nahm Cordin im Gebirgsjäger-Regiment 143 der 6. Gebirgsjäger-Division an der Besetzung Frankreichs teil und erwarb als Gefreiter das Eiserne Kreuz 2. Klasse. Laut Wehrstammbuch war er von Ende Juli bis Anfang Dezember 1940 zum Küstenschutz an der französischen Kanal- und Atlantikküste eingesetzt. Danach wurde er zur Verwendung in das „Heimatkriegsgebiet“ zurückbeordert, um 1941 als Gebirgsjäger den Griechenlandfeldzug mitzumachen. Im Jänner 1942 wurde Cordin nach Nordfinnland abkommandiert und nahm dort an Kampfhandlungen an der Murmanskfront teil wofür er die Medaille „Winterschlacht im Osten 1941/42“ erhielt. Mittlerweile zum Obergefreiten befördert, war Cordin bis Mai 1943 in kriegerische Auseinandersetzungen in Nordfinnland involviert.
Im Jänner 1944 wurde er vom Stabsbataillon des Gebirgsjäger-Regiment 143 in Finnland an die Gebirgsjäger-Kraftfahr-Ersatz- und Ausbildungsabteilung 18 in Bregenz zurückbeordert und ab Ende Jänner 1945 bei den Gebirgs-Panzerjägern im Raum Hall in Tirol eingesetzt. Nach Kriegsende kehrte Cordin nach Dornbirn zurück und arbeitete zunächst als Knecht und später als Lkw-Fahrer ehe er 1952 in St. Anton am Arlberg eine alte Pferdeschmiede erwarb und das ehemalige Gasthaus aus dem zwölften Jahrhundert zum heute noch in Familienbesitz befindlichen Hotel Nassereinerhof umbaute.
Autor: Andreas Praher
Stadtarchiv Dornbirn